Respekt? Respekt!

  • 14.11.19 09:48
  • Vera Huber
  •   Suderburg

Mangelnder Respekt wird allenthalben beklagt – am Stammtisch wie im Feuilleton. Die Frage, was sich hinter Respektlosigkeit verbirgt und wie man dem – respektvoll, aber entschieden – begegnen kann, war der Ausgangspunkt für eine gemeinsame Veranstaltung der Fakultät Handel und Soziale Arbeit, des Paritätischen Uelzen und des Präventionsrates Uelzen.

Mit dieser Veranstaltung ging das Gemeinschaftsprojekt des Uelzener Präventionsrates, des Paritätischen Uelzen und der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Fakultät Handel und Soziale Arbeit in Suderburg, in eine weitere Runde. Vor 20 Jahren war die Veranstaltungsreihe von der Stadt Uelzen und dem DRK-Kreisverband ins Leben gerufen worden, damit Expertinnen und Experten, Akteurinnen und Akteure sowie Bürgerinnen und Bürger aus dem Landkreis alle zwei Jahre über aktuelle gesamtgesellschaftliche Entwicklungen ins Gespräch kommen. Die Veranstaltung, für deren organisatorische Durchführung vor Ort Dr. Henning van den Brink verantwortlich zeichnete, fand erneut am Ostfalia-Campus in Suderburg statt.

Die Anmeldung von 126 Teilnehmerinnen und Teilnehmern unterstrich die Relevanz des Themas. Eröffnet wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Detlef Gaus (Fakultät Handel und Soziale Arbeit) und Hans Lepel, der zusammen mit Peter Wegener und Annegret Krause die Geschicke des Uelzener Präventionsrats lenkt. Darauf folgten Grußworte von Dr. Heiko Blume (Landrat von Uelzen und Schirmherr der Veranstaltung) und Susanne Wolter (Geschäftsführerin des Landespräventionsrates Niedersachsens).

SUD_4_web
Landrat Dr. Heiko Blume in seinem Grußwort (Foto: Müller-Teusler).

Danach begab sich Prof. Dr. Philipp Sandermann (Leuphana Universität) hinter das Rednerpult. Er machte in seinem Grundlagenvortrag auf die kulturelle Dimension von Respekt aufmerksam und führte einige beispielhaft interpretierte empirische Eckdaten auf. Kernanliegen seiner Ausführungen waren notwendige Differenzierungen zur lösungsorientierten Bearbeitung von Konflikten. So betonte er einerseits die Notwendigkeit struktureller Unterscheidungen zwischen organisationell-institutionellen Kontexten einerseits, in denen vereinbarte und abgesicherte Verfahrensregularien des Umgangs notwendig sind, und lebensweltlichen Begegnungen andererseits. Bezüglich dieser verwies er auf die wichtige Unterscheidung zwischen leistungs- und personenbezogenem Respekt: Man könne Personen, die nicht-respektvolle Gedanken und Gefühle äußern, lebensweltlich anerkennen und ihnen gleichzeitig den leistungsbezogenen Respekt verwehren. Entscheidend dabei sei, so seine Empfehlung, lebensweltliche Respektlosigkeit weder öffentlich hinzunehmen noch öffentlich hinzurichten.

SUD_3_web
Keynote-Speaker Prof. Dr. Philipp Sandermann (Foto: Rohn).

Unter dem Titel „Respekt – Zauberformel für ein gutes Leben?“ näherte sich Prof. Stefan Müller-Teusler (Der Paritätische Uelzen) anschließend den Wurzeln des Begriffs. Mit Respekt werden unterschiedliche Bedeutungen und Forderungen verknüpft, was sich schon in Formulierungen wie „ Respekt bekommen“, „Respekt erweisen“ und „Respekt verschaffen“ widerspiegele. Mal wird damit Anerkennung, Bewunderung und Wertschätzung zum Ausdruck gebracht, mal Autorität und Anpassung. Müller-Teusler bezeichnete Respekt als eine gelebte Ressource auf dem Weg zu einem gemeinsamen Miteinander und gegenseitigen Füreinander. Er nahm in seinen Ausführungen Bezug auf sogenannte Megatrends – Digitalisierung, Wissenskultur, Urbanisierung, Konnektivität, Neo-Ökologie, Gesundheit, Globalisierung, Mobilität, Silver-Society und Sicherheit –, die mit einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel verbunden seien. Deren Bewältigung könne nur bei gegenseitiger Achtung und Toleranz gelingen. Dafür wiederum brauche es mediale und vor allem lebensweltliche Vorbilder.

Nach den Fachvorträgen verteilten sich die Teilnehmenden auf insgesamt fünf Workshops, die ein breites Themenspektrum abdeckten. So beschäftigten sich beispielsweise Heiner Scholing und Martin Feller in ihrem Workshop mit der Frage, welche Vorbilder, Rahmenbedingungen und Haltungen eine „ werteorientierte Erziehung“ in Elternhaus, Kindergarten und Schule ermöglichen und unterstützen. Dieter Klingforth und Helmut Rüger dagegen diskutierten in ihrem Workshop die Ursachen von schwindendem Respekt gegenüber Einsatzkräften der Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste und mögliche Maßnahmen, solche Einsatzsituationen zu entschärfen. In einem weiteren Format wurde von Sönke Feldhusen und Cornelia Meutzner auch die Bedeutung der Unternehmenskultur für einen respektvollen Umgang am Arbeitsplatz hervorgehoben. Martin Völkner und Veronika El-Hawari stellten das vom BMBFSJ unterstützte Projekt der „Respektcoaches“ vor, dessen Ziel es ist, präventive Arbeit gegen Radikalisierungstendenzen und jugendkulturellen Szenen und Kontexten zu leisten. In dem Workshop von Katrin Marie Arlt und Karen Möller beschäftigten sich die teilnehmenden Personen mit der Frage, wie sich ein respektvoller Umgang in der Kommunikation zeigt.

SUD_2_web
Cornelia Meutzner bei der Vorstellung der Ergebnisse aus ihrem Workshop (Foto: Müller-Teusler).

Am Ende der Veranstaltung trugen die Workshopleiterinnen und -leiter die Kernergebnisse aus den Workshops zusammen. Dabei waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schnell einig: Die Thematik ist so vielschichtig, dass selbst das ganztägig konzipierte Forum nur einen Einstieg bieten konnte und eine weitere Auseinandersetzung wünschenswert sei. Vor diesem Hintergrund resümierte Detlef Gaus in seinem Schlusswort, dass die Tagung zwar einige neue Impulse generiert, aber mindestens genauso viele neue Fragen aufgeworfen hätte, die der weiteren Diskussion bedürfen. Ebenso wurde aus den Nachgesprächen unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern deutlich, wie groß der Bedarf regionaler Akteure ist, sich nachhaltig und dauerhaft mit der Problematik auseinanderzusetzen.

SUD_1_web
Von links nach rechts: Susanne Wolter, Prof. Dr. Philipp Sandermann, Prof. Stefan Müller-Teusler, Hans Lepel, Dr. Heiko Blume, Prof. Dr. Detlef Gaus, Sabrina Boenschen, Peter Wegener (Foto: Rohn)

Text: H. van den Brink

nach oben
Drucken