Industrie 4.0 — die selbstüberwachende Anlage

  • 18.02.21 15:36

Produktionsanlagen in festen Intervallen zu warten, während die Maschinen stillstehen, ist in Zeiten von Industrie 4.0 nicht mehr zeitgemäß. Die Ostfalia Hochschule entwickelt zusammen mit der Bayer AG ein neues, nicht-invasives Diagnose-Verfahren. Mit dem können Chemieanlagen eine anlassbezogene Wartung melden und gleichzeitig die Produktion sowie die Sicherheit von Mensch und Umwelt gewährleisten.

Arzneimittel, Düngemittel oder Kraftstoffe werden in verfahrenstechnischen Anlagen hergestellt, die meist sicherheitsrelevante Komponenten wie Druck- und Temperatur-Sensoren, Pumpen und Ventile enthalten. In regelmäßigen Abständen müssen Personen die Maschinen per Checkliste inspizieren und warten. Währenddessen stehen die Anlagen still, was immer mit Produktionseinbußen, Geld- und Zeitverlusten einhergeht. Im Rahmen der Industrie 4.0 drängen zunehmend Sensoren auf den Markt, die selbst einen Anlagenverschleiß erkennen können. Sie
sagen der Anlage, ob sie funktionsfähig ist oder ob ein Eingriff notwendig ist und führen diesen gegebenenfalls sogar selbstständig durch. Um diesen Ansatz praxisnah zu untersuchen, hat die Ostfalia Hochschule mit der Bayer AG ein Kooperationsprojekt gestartet. Ziel ist die Selbstüberwachung digitalisierter Chemieanlagen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben ein Diagnose-Konzept entwickelt, welches Aussagen über die Funktionsfähigkeit von Sicherheitseinrichtungen zulässt, ohne die Anlagen abstellen zu müssen. Diese nicht invasiven Prüfmethoden basieren auf Methoden der Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung, Modellierung von unterschiedlichen Gefahrenfeldern und Sensordaten zum aktuellen Anlagenzustand.

 

Wartung nur bei Bedarf

Das neue Diagnoseverfahren vergleicht ständig betriebliche Prozessgrößen wie Förderleistung von Pumpen oder Durchfluss der verbauten Regelventile mit aktuellen Sensorwerten und prüft die Daten auf Plausibilität. Je nach Produktionsschritt und Anlagenzustand ergibt sich dann ein aktueller Zuverlässigkeitswert für die Gesamtanlage, der darüber entscheidet, ob die Produktion sicher ist. So lassen sich beispielsweise fest terminierte Prüffristen durch anlassbezogene Wartungstermine ersetzen. Moderne Sensoren und Aktoren und die Vernetzung aller Informationen können somit einem Unternehmen wirtschaftliche Vorteile verschaffen – unter Einhaltung aller rechtlichen und sicherheitstechnischen Aspekte.

 

selbstüberwachende_anlage_foto In der Industrie 4.0 müssen chemische Anlagen für eine Inspektion
nicht immer runtergefahren werden. Neue Diagnoseverfahren zeigen
an, wenn eine Wartung wirklich notwendig ist.

 

Fachlicher Ansprechpartner zu diesem Thema:

Prof. Dr.-Ing. Lorenz Däubler
Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften
Campus Wolfenbüttel
Telefon 05331 939-42480
Email:   l.daeubler@ostfalia.de

 

Erschienen in  Technologie-Informationen 3/2020

 

 

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