Effizienz sozialer Netzwerke

Zielsetzungen des Projektes - Erkenntnisgewinn

Dass Menschen im Grunde seit jeher in soziale Netzwerke eingebunden sind, hat bereits in der Mitte des letzten Jahrhunderts die anthropologisch orientierte Manchester-Gruppe (Mitchell, Epstein, Kapferer) eindrücklich bei der Untersuchung von Stammesgemeinschaften im kolonialisierten südlichen Afrika nachgewiesen. Mit dem Aufkommen neuer Technologien – und hier soll der Blick neben dem offenen Internet insbesondere auch auf geschlossene Nutzergruppen, vor allen Dingen von Unternehmen betriebene Intranets gelegt werden – können viele sozialwissenschaftliche Theoriebausteine in neuem Licht betrachtet werden. Bereits der Erstantrag zu diesem Forschungsprojekt formulierte die Frage nach jenen Faktoren, die ein Netzwerk effizient und damit erfolgreich machen.

Die Komplexität von „Effizienz“ in sozialen Netzwerken ergibt sich aus dem Spannungsfeld wirtschaftlicher, publizistischer und „techniksozialer“ Betrachtungsweisen, die in das vorliegende Forschungsprojekt mit einfließen. So gesehen, ist eine interdisziplinäre wissenschaftliche Herangehensweise zwingend. Im bisherigen Forschungsverlauf wurden bereits die folgenden, die Komplexität reduzierenden Effizienztreiber für sozialer Netzwerke nachgewiesen und beschrieben:

1.     technische Faktoren wie zum Beispiel Multimedialität, Modularität von Inhalten als auch

2.     soziale Parameter wie Informationsaustausch, Identifikation und Rückkehrerquoten, die jeweils zu einer Beschreibung der Bindungsstärke herangezogen werden können.

Im folgenden Forschungsabschnitt ist nun geplant, die erkannten Effizienztreiber zu validieren und ggf. zu hierarchisieren. Zielsetzung wird es dabei sein, präzise Kennzahlen zur Wertschöpfung in Organisationen zu generieren.

Die Bewertung von Kommunikationsleistungen innerhalb sozialer Netzwerke ist in der Kommunikationspraxis (und insbesondere im Kommunikationsmanagement) in höchstem Grade relevant. Vor diesem Hintergrund stehen im dritten Schritt drei fallbezogene Konzepte im Mittelpunkt der Analyse. Auf diese drei praxisnahen Felder wird das Konzept der erkannten „Effizienztreiber“ angewandt:

1) Communities of Practice: Wie kann die Kollaboration interner wie externer Experten projektbezogen analysiert und bezogen auf die erkannten Effizienzkriterien bewertet werden? Welche Faktoren steigern die Kommunikationseffizienz?

2) Personalmarketing/Employer Branding: Human Relations-Abteilungen rekrutieren qualifizierten Nachwuchs zunehmend mithilfe ihrer Repräsentationen auf sozialen Netzwerkplattformen wie facebook, XING und LinkedIn. Wie kann die Kommunikation und Informationsübermittlung wichtiger Botschaften zu Unternehmenskultur, Arbeitsplatzgestaltung und Aufstiegsmöglichkeiten effizient gestaltet und umgesetzt sowie mit den Recruiting Pools der eigenen Website abgestimmt werden? Welche Rolle spielen superhubs, also neue Meinungsführer im Internet, bei der Meinungsbildung und Wertentwicklung? Welche Lehren für die Planung von Kommunikationskampagnen in sozialen Netzwerken lassen sich ziehen?

3) Investor Relations: Wie können in sozialen Netzwerken börsenrelevante Informationen  und „equity stories“ für Investoren qualitativ aufbereitet werden? Insbesondere Unternehmen mit hohem Streubesitz sind gefragt, effiziente Strategien für Finanzkommunikation in sozialen Netzwerken nach Kennzahlen zu entwickeln.

Anhand dieser drei Beispiele wird die Praxisrelevanz der vorliegenden Konzeption deutlich. Die Anwendung der theoriegeleitet entwickelten Kennzahlen, wird das neue Modell der Effizienztreiber auf die Probe stellen – aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass es sich in der Praxis bewähren wird.

Die Autoren werden so zur Entwicklung einer gewichteten Formel befähigt, welche die Entscheidungen von Kommunikationsabteilungen über Aufwände in sozialen Netzwerken fundiert. Somit wird ein wichtiger Beitrag zur Forschung zu Wertschöpfung, Netzwerkeffizienz und publizistischer Qualität von Kommunikation geleistet.

Stand des Wissens

Die Beschäftigung mit Netzwerken wird zunehmend zum Thema einer interdisziplinären Herangehensweise, wobei neben Erklärungsansätzen aus Technik und Technologie vor allem diejenigen der Soziologie und der Wirtschaftswissenschaften von hoher Relevanz für die aktuelle Diskussion sind. Die nähere Auseinandersetzung mit „sozialen“ Netzwerken ist dabei ein gleichermaßen spannendes wie schwieriges Unterfangen, da sich die Entwicklung virtueller Gemeinschaften im Internet mit Hilfe theoretischer Konzepte nach wie vor nur schwer abbilden und greifen lässt. Besonders komplex wird es, wenn es darum geht, grundlegend ökonomische Größen wie Effizienz, Erfolg oder Nutzen in die Überlegungen einzubeziehen, wie dies einige jener Autoren getan haben (vgl. insbes. Mayfield 2003, o.S.; Mayfield 2006: 116ff.; Narayanam/Narahari 2009.), die sich mit Netzwerkeffekten auch in einem sozialen Kontext beschäftigen und über definierte Größen argumentativ auch eine „Bewertung“ von wachsenden Netzwerken ableiten.  Der neue von uns entwickelte und über die Publikation von 2007 deutlich hinausgehende Ansatz wird in dieser Reihe zu verorten sein und auch aktuelle Überlegungen wie jene von Christakis und Fowler (2010) kritisch würdigen. Die Ostfalia würde sich mit dem Forschungsprojekt auf Augenhöhe mit bekannten internationalen Forschungseinrichtungen begeben – unbenommen davon ist die konsequente Anwendungsorientierung für die Unternehmenspraxis. Die hier im Antrag enthaltenen bisherigen Forschungen des Antragstellers zeigen durchgängig einen hohen Praxisbezug. Dieser ist in starkem Maße auch bei diesem Projekt vorhanden, da am Ende ein Werkzeug stehen soll, dass direkt für die Managementpraxis Sozialer Netzwerke entwickelt wird.