DVGW-Hochschulgruppe Wolfenbüttel on Tour

Teilnehmer/-innen der Exkursion vor der Methanisierungsanlage.

Fahrt zur Firma Viessmann nach Allendorf

Ein Student berichtet…

Am 24.10.2017 fuhr die DVGW Hochschulgruppe Wolfenbüttel, mit dem neu gewählten Namen „WolVerTec“ , zusammen mit der Bezirksgruppe Braunschweig nach Allendorf zur Firma Viessmann. Dazu trafen sich die beiden Gruppen morgens um 6:30 Uhr an der Gaststätte „Zum Eichenwald“ in Braunschweig-Mascherode, um anschließend um 6:45 die Fahrt mit dem Reisebus aufzunehmen.

Nach der Ankunft um ca. 10:15 begrüßten uns die Mitarbeiter der Fa. Viessmann Joachim Arnold, Seminarleiter Gasgeräteanpassung und Sebastian Kwasny, der sich unter anderem mit der Marktraumumstellung von L- auf H-Gas beschäftigt.

Danach wurde uns kurz das Unternehmen vorgestellt, welches seit Gründung in 1917 familiengeführt ist. Das große Produktportfolio, welches sich durch etwa 95% Eigenherstellung auszeichnet, wurde präzise und kurz mit den Worten „Alles außer Windkraft“, beschrieben. Nach eigenen Angaben ist Viessmann außerdem Europas größter Hersteller im Bereich Solarthermie. Des Weiteren sei seit letztem Jahr, nach Gründung der neuen E-Sparte, das Anbieten von kompletten Systemlösungen möglich. Zum Abschluss der Unternehmensvorstellung wurde uns ein kurzer Werbefilm vorgespielt, in dem die Produkttiefe und die Tradition Viessmanns deutlich wurde.

Sebastian Kwasny fuhr anschließend mit dem Thema Marktraumumstellung fort. Laut dem BDH, dem Bundesverband deutscher Heizungsindustrie, sind ca. 5,5 Millionen Anlagen in Deutschland von der Marktraumumstellung betroffen. Die Anzahl der Geräte, die dabei angepasst werden müssen, wird in den nächsten Jahren größer als geplant, da die Gasförderung im Bereich Groningen zurückgefahren wird. Ab 2021 werden jährlich über 500.000 Geräte angepasst werden müssen, was logistisch wie auch personell eine große Herausforderung darstellt.

Der BDH empfiehlt denjenigen, die für die Geräteanpassung verantwortlich sind, die Bestellung für Ersatzteile, wie z.B. Düsen, so früh es geht aufzugeben, um die rechtzeitige Versorgung sicherstellen zu können. Die Hersteller halten außerdem ca. 30 Jahre lang Düsen auf Vorrat, sodass ältere Geräte eventuell vom Betreiber ausgetauscht werden müssen, wobei diese nur den Umstellungsanteil als Zuschuss bekämen. Vor handwerklich hergestellten Düsen warnt der BDH ausdrücklich, da sie, vor allem bei vollvormischenden Brennern, nicht die Güte industriell gefertigter Düsen erreichen und deshalb die Verbrennung möglicherweise verschlechtern. Die nach der Geräteanpassung auftretende Leistungsminderung um etwa 20% -diese tritt auf solange sich noch das ursprüngliche Erdgas L im Netz befindet- sehen der BDH und auch Viessmann unkritisch, da die Heizleistung in den meisten Fällen ohnehin überdimensioniert wird. Andernfalls könnte man an einigen Geräten den Gasdruck erhöhen, um die Leistungsminderung klein zu halten. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass die Gefahr einer Überlastung des Gerätes beim Wechsel von L- auf H-Gas besteht.

Außerdem gilt, je automatisierter die Gerätelisten zur Anpassung zur Verfügung stehen, desto genauer und problemloser kann diese auch erfolgen.

Anschließend übernahm Joachim Arnold und führte die fachkundigen Besucher/-innen durch das sonst achtstündige Seminar zur Gasgeräteanpassung. Zunächst wurde von Apps berichtet, die Ersatzteile oder technische Dokumente gesammelt zur Verfügung stellen (u.a. „vibooks“). Da der Zugriff auch offline erfolgt, kann es die Arbeit der Monteure/-innen erleichtern. Themen, wie z.B. Messpflicht und Mängelmeldung bei hohem CO-Gehalt, Druckarten und Erdgasgruppen wurden kurz angesprochen.

Anschließend wurden drei mögliche Vorgehensweisen der Marktraumumstellung vorgestellt:

  • Eine Möglichkeit wäre es, wenn Versorger ein Mischgas aus Erdgas H und Luft o.Ä. bereitstellen würden, sodass Geräte nach und nach angepasst werden können.
  • Außerdem könnte man auch vor Geräteanpassung mit Erdgas H versorgen, dabei wäre die Gefahr der Überlastung einiger Geräte allerdings zu groß, sodass diese Weise keine wirkliche Option darstellt.
  • Die Dritte Variante wäre, erst die Geräte anzupassen und dann die Erdgasart zu wechseln. Diese wird auch angewandt. Ein Nachteil ist die oben beschriebene temporäre Leistungsminderung der Geräte.

Zur Praxis der Gasgeräteanpassung wurde erwähnt, dass die Düsen für Geräte ab 2005 bei verschiedenen Erdgasen nicht ausgewechselt werden müssen. Gegebenenfalls bedarf es allerdings eines Austausches von Dichtungen oder Luftblenden. Die These, dass bedingt durch die Marktraumumstellung mehr selbstadaptierende Geräte verkauft würden, konnte Viessmann nicht bestätigen.

Nach Stärkung durch das gemeinsame Mittagessen wurden Ausstellungs-, Fertigungs- und der neue Entwicklungsbereich besichtigt. Dabei wurde ein Einblick in die Fertigungslinien und deren Logistik, aber auch vor Ort installierte Großanlagen zur Deckung des Energiebedarfs des Standortes Allendorf, gegeben. Dazu gehören Anlagen, wie ein Eisspeicher für den Wärmepumpenbetrieb oder ein mit Holz-Hackschnitzeln befeuerter Biomasseheizkessel. Die Gesamtheit der Anlagen auf dem Betriebsgelände ist dabei anschaulich zusammen dargestellt.

Heizzentrale der Fa. Viessmann am Standort Allendorf

 

Einen interessanten Abschluss stellte die Führung über die Power-to-Gas Pilotanlage auf dem Allendorfer Betriebsgelände durch Herrn Jonas Klückers von MicrobEnergy, ein Unternehmen der Viessmann-Gruppe, dar. In diesem Bereich stehen außerdem die Biogasanlagen, wobei der Ertrag der Trockenfermentation zu 100% vor Ort über zwei BHKW’s verstromt wird. Zur Fütterung der Biogasanlagen werden jährlich 15000 Tonnen Substrat benötigt, die hauptsächlich aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Das in den Biogasanlagen entstehende Kohlendioxid wird für die Methanisierung des Wasserstoffs abgetrennt.

Bei der Elektrolyse wird aus Leitungswasser in einer Aufbereitung Deionat hergestellt und die elektrische Energie über Gleichrichter an die Stacks, das Herzstück der Anlage, gegeben. In der Anlage werden ca. zwei Kilowattstunden elektrische Energie in eine Kilowattstunde Gas umgewandelt.

Das Argument der Nutzung von Überschussstrom sei mittlerweile nur noch Nebenargument, hauptsächlich spreche für diese Anlagen die CO 2-Bilanz, so Klückers. Nichtsdestotrotz wird die Energiewende ohne Energiespeicher nicht umsetzbar sein. Wirtschaftlich interessant wird dieser Typ Anlage allerdings erst ab einem Strompreis von etwa 10-11 Cent/kWh. Die Nutzungsgrade für die Elektrolyse und die Methanisierung, die wesentlich für den Gesamtnutzungsgrad sind, betragen zur Zeit ca. 70%. Bei Nutzung der Abwärme sei es möglich, diese auf 85% zu erhöhen, geplant ist dies bereits.

Bei der Methanisierung wird, mit dem aus der Biogasanlage abgetrennten Kohlenstoffdioxid und dem Wasserstoff aus dem Elektrolyseur im Verhältnis 1:4, Methan hergestellt. In diesem Fall handelt es sich um eine biologische Methanisierung, bei der methanogene Mikroorganismen aus dem Schlamm der Biogasanlage für diese Umwandlung sorgen. Wegen der Empfindlichkeit dieser Organismen hinsichtlich pH-Wert und Temperatur sind diese Parameter zu überwachen.

Nach Wiederankunft in Braunschweig wurde über das Gesehene und Gehörte bei einem gemeinsamen Abendessen diskutiert und somit ein interessanter Tag harmonisch abgeschlossen.

Text und Fotos: Student Marcel Lüdecke

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