Ein Forschungsteam der Ostfalia Hochschule für angewandte
Wissenschaften erarbeitet im Rahmen des 5G-Projektantrags „Smart Country“ der Landkreise
Wolfenbüttel und Helmstedt derzeit Anwendungsfälle für den Bereich Wald und Forst. Enger Austausch
findet dabei sowohl zwischen verschiedenen Fachdisziplinen der Hochschule als auch mit der
Landwirtschaftskammer Niedersachsen, den Niedersächsischen Landesforsten, der Stiftung Zukunft Wald
sowie dem Thünen-Institut statt.
Unter dem Begriff „Smart Forestry“ nimmt das Teilkonzept
verschiedene Anwendungsbereiche in den Fokus, die mittels 5G realisiert werden können. Martin
Hillmann aus dem Geschäftsbereich Forstwirtschaft der Landwirtschaftskammer Niedersachsen ist
sicher: „Durch die revolutionär neue Technik wird beispielsweise die Inventur von Waldflächen in
naher Zukunft auf einen qualitativ bisher nicht erreichten Stand gehoben.“ Der Bestand des Waldes,
sein Zustand, seine Vitalität sowie seine Planung werden heute über unterschiedlichste Methoden
erfasst und begleitet, über Begehungen, Zählungen, Luftbildaufnahmen, Drohnenflüge.
„5G bietet hier neue Möglichkeiten. Es erlaubt mit seinen speziellen Eigenschaften wie hohen
Reichweiten und geringem Energieverbrauch beispielsweise den Einsatz von sehr vielen autarken
Sensoren“, erklärt Prof. Dr. Diederich Wermser von der Fakultät Elektrotechnik der Ostfalia
Hochschule. Der Baum der Zukunft könnte daher mit Vitalitätssensoren ausgestattet sein und damit
unter anderem zu Waldfrühwarnsystemen beitragen, die dynamisch und aktuell vor Trockenheitsschäden,
Schädlingsbefall oder aber auch vor Brandgefahr warnen.
(v.l.n.r.): Prof. Dr. Ina Schiering und Prof. Dr. Andreas Ligocki von der Ostfalia Hochschule,
Friedrich Hanstein vom Niedersächsischen Forstplanungsamt, Martin Hillmann von der
Landwirtschaftskammer Niedersachsen sowie Elisabeth Hüsing von der der Stiftung Zukunft Wald auf
dem Campus der Ostfalia Hochschule in Wolfenbüttel.
„Im Grunde erzählt uns dann jeder Baum in Echtzeit über die
Messwerte, die er liefert, wie es ihm geht. Ist es ihm zu trocken? Zu feucht? Zu kalt? Zu heiß?
Gibt es erste Anzeichen von Borkenkäfern? Wie sieht es mit dem Boden aus, in dem er wurzelt? Wie
ist die Umgebungsluft?“, erklärt Prof. Dr. Andreas Ligocki, Dekan der Fakultät Maschinenbau.
Mittels 5G-Datennetzwerk sollen diese aktuell am Baum erfassten Daten direkt in eine Plattform
einfließen, den so genannten „Data-Lake“. Mit den Prozessen, der Datenqualität und Datensicherheit –
der so genannten Data-Governance – beschäftigt sich insbesondere Prof. Dr. Ina Schiering aus der
Fakultät Informatik. „Dabei geht es darum, wie diese Vielzahl an Daten intelligent analysiert,
sicher verwaltet und zielgerichtet für verschiedene Nutzungszwecke aufbereitet werden können“,
erklärt sie.
Nutzungsmöglichkeiten der so erfassten und analysierten Daten sieht
das Forschungsteam zusätzlich zum Bereich der Frühwarnsysteme in zwei weiteren Anwendungsfällen,
die im Konzept „Smart Forestry“ entwickelt werden:
Zum einen entsteht die Möglichkeit, den Wald als Informationssystem
und Lernort auszubauen und die digital erfassten Daten der Waldsensorik so aufzubereiten, dass der
Wald seinen Besuchern – ob beim Spaziergang, Wandern oder Joggen – „digitale Geschichten“ erzählt,
zum Beispiel über digitale Informationstafeln, eine Website oder eine App. Auch der Einsatz von „
Augmented Reality“-Brillen – also von Brillen, die dreidimensionale Projektionen in die natürliche
Umgebung einblenden können – ist angedacht. Mit dieser Technik könnte dann zukünftig der virtuelle
Blick in das Innenleben eines Ameisenhaufens oder eines Baumstamms möglich werden. „Umweltbildung
ist zentrales Anliegen unserer Stiftung“, sagt Elisabeth Hüsing, Direktorin der Stiftung Zukunft
Wald in Braunschweig. „Unsere Projekte wie die Schulwälder gegen Klimawandel oder der Löwe-Pfad im
Lechlumer Holz können durch solche neuen Möglichkeiten zusätzlich an Attraktivität und
Anschaulichkeit gewinnen“, ist sie sicher. „Schulwald und Klassenzimmer wachsen näher zusammen.
Beim Besuch im Wald erfahre ich Dinge über den Baum, die ich normalerweise nicht sehen kann und
zugleich kann ich aus dem Klassenzimmer heraus per App verfolgen, wie es dem eigenen Schulwald
gerade geht.“
Der dritte Fokus des Konzepts zielt auf den Nutzen der vernetzten
Holzernte ab. Dieser Anwendungsfall sieht vor, dass Holzerntemaschinen als die zentralen Geräte im
Ernteprozess in Echtzeit Daten zum vorliegenden Rohstoff Holz übermitteln können. Auf diese Weise
sollen Forstbetriebe, Sägewerke und Händler die Möglichkeit erhalten, die zuvor am Tisch geplanten
Erntemengen oder Weiterverarbeitungszwecke an die vor Ort vom vernetzten Erntegerät erfassten
tatsächlichen Holzqualitäten und Holzmaße ad hoc anpassen zu können. Experimentalflächen dazu sind
im Staatsforst des Lechlumer Holzes und im Privatwald des Rittergutes Lucklum geplant. „Wenn wir
den Wald als wichtigen CO
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-Speicher und Rohstofflieferanten dynamisch aktuell überwachen
können, kann das enorm helfen, um auf augenblickliche Erfordernisse wie beispielsweise
Klimaeinflüsse, Schädlingsbefall und Marktbedingungen in der Forstwirtschaft schneller in der
zukünftigen Planung reagieren zu können“, sagt Friedrich Hanstein vom Niedersächsischen
Forstplanungsamt. „Zudem könnten wir über das angedachte Bürgerinformationssystem anschaulich über
notwendige Forstarbeiten informieren und sehr kurzfristig vor aktuellen Gefahren bei der Fällung
von Bäumen warnen.“
Ihre fachlichen Ansprechpartner für dieses Thema:
Prof. Dr. Andreas Ligocki
Fakultät Maschinenbau
Prof. Dr. Ina Schiering
Fakultät Informatik
Telefon: 05331 939-31140
Prof. Dr. Diederich Wermser
Fakultät Elektrotechnik
Text: N. Zimmer
Foto: Ostfalia