Aktives Bedienelement
Prof. Dr.-Ing. R. Roskam
MBF-Projekt: Integratives Werkzeug zur Entwicklung haptischer Bedienelemente
Problemstellung
In vielen technischen Bereichen werden heutzutage Systeme, welche früher mechanisch mit dem
dazugehörigem Bedienelement gekoppelt waren, für eine Bauraum und Gewichtsreduzierung entkoppelt
und elektronisch angesteuert. Diese X-by-wire Mentalität führt dazu, dass Systemzustände nicht mehr
direkt an den Nutzer über den taktilen Sinn übertragen werden können. Der so entstehende Verlust
von haptischen Informationen, kann ohne Kompensation dazu beitragen, dass der Benutzer eines
Systems Zustände falsch interpretiert und falsche Entscheidungen trifft.
Um den direkten Informationsfluss der Systemzustände zum Bediener wieder herzustellen, kommen
immer häufiger aktive Bedienelemente zum Einsatz (Bild 1). Momentan nur im höherwertigen Schiff-
und Luftfahrtbereich, aber auch in der Automobilindustrie ist langsam ein solcher Trend erkennbar.
Neben den bisherigen Rast- und Bremsfunktionen können weitere haptische Rückmeldungen implementiert
werden. Z.B. kann eine einstellbare Stopp- oder eine Shaker-Funktion (Vibration) dargestellt
werden.
Bild 1: Aktives rotatorisches (Jaguar) und translatorisches Bedienelement (Bosch Rexroth)
Während rein passive Systeme mechanisch realisiert werden können, ist bei aktiven Systemen der
Einsatz von Sensoren, eines Stellmotors und eines Reglers erforderlich. Aus diesem Grund können
Bedienelemente mit aktiver haptischer Rückmeldung auch als mechatronische Bedienelemente
beschrieben werden (Bild 2 unten).
Technisch beschrieben wird eine Raste über einen Kraft-/Drehmomentenverlauf in Abhängig-keit
über den Drehwinkel des Bedienelements. Während dieser Verlauf bei mechanischen Systemen
durch die Geometrie, Reibung und Federsteifigkeit fest vorgegeben ist (Bild 2 rechts oben), ergibt
sich der Verlauf bei mechatronischen Lösungen durch das Zusammenspiel aus Regler, Bediener und
System (Bild 2 rechts unten). Hierdurch ergeben sich Abweichungen vom vorgegebenen Sollwertverlauf
(MSoll). Der Bediener stellt quasi die Störgröße in diesem Regelkreis dar. Je nach Art des
Bedieners (große/kleine Hand, muskulös oder weniger muskulös, dynamische oder zaghafte Bedienung)
werden sich folglich unterschiedliche Regelabweichungen vom vorgegebenen Idealverlauf einstellen.
Der Bediener fühlt quasi das Resultat der Regelung (MIst,) wobei er selbst den größten Störeinfluss
auf die Regelung darstellt.
Bild 2: Probleme bei der Entwicklung mechanischer und mechatronischer Bedienelemente
Bisher konnte lediglich empirisch ermittelt werden, wie eine hochwertige Raste bzw. Bremse
geregelt werden muss. Es existiert bislang keine systematische Vorgehensweise zur Realisierung
hochwertiger haptischer Rückmeldungen, welche diesen Einfluss des Menschen und sein Empfinden
berücksichtigen.
Gesamtziel des Vorhabens
Gerade angesichts des zunehmenden Einsatzes mechatronischer Bedienelemente ist es Ziel dieses
Vorhabens ein Werkzeug zu realisieren, mit dem die Entwicklung mechatronischer Bedienelemente
systematisch durchgeführt werden kann. Systematisch bedeutet hierbei, dass die Vorgabe von
Sollwertverläufen und die Parametrierung von Reglern nicht empirisch erfolgt, sondern mit Hilfe von
Modellen analytisch unterstützt werden.
Erreicht werden soll dies über die Aufteilung des Projekts in einen ingenieurswissenschaftlichen
und einen psychophysikalischen Teil (Bild 3). Die Ingenieurswissenschaft untersucht primär den
Einfluss des Bedieners auf das mechatronische Bedienelement und die Regelung. Die
psychophysikalische Bewertung der vom mechatronischen Bedienelement erzeugten haptischen
Rückmeldung übernimmt ein Psychologe.
Bild 3: Ingenieurwissenschaftliche und psychophysikalische Zielsetzung des Vorhabens
Projektpartner in diesem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten
Projekt sind die Bosch Rexroth AG (Bereich Schiffstechnik), das Deutsche Zentrum für Luft‐ und
Raumfahrttechnik e.V. (DLR), die Lemförder Electronic GmbH, die TU Braunschweig (Institut für
Psychologie) und die Vehico GmbH (Bild 4).
Bild 4: Projektpartner