Um 2005 herum habe ich mich nach einer tiefen Lehrkrise entschlossen, Lehre zu meinem Forschungsgebiet zu machen. Seitdem ist der Hörsaal mein Labor.

Eine, meine Arbeit tragende Erkenntnis ist, dass Lerninhalte schwer sind – für Studierende, nicht für Lehrende (meistens …). Ausgehend von der Erforschung studentischer Fehlkonzepte in MINT-Disziplinen haben sich meine Interessen erweitert auf alles, was studentischem Lernen im Wege steht. Im Jargon des Decoding the Disciplines werden solche Hürden als Bottlenecks bezeichnet. Interessierten Personen empfehle ich z.B. die Lektüre des Themenheftes der Didaktiknachrichten, Stöbern im Decoding Wiki und die Teilnahme am hochschulübergreifenden Arbeitskreis Decoding.

In der frühen Phase meiner "Labortätigkeit im Hörsaal" stand die Entwicklung rechnergestützter Übungsaufgaben im Vordergrund, die die Korrektheit studentischer Antworten automatisch überprüfen. Der Zweck solcher Aufgaben hat sich für mich über die Jahre erweitert, wenn nicht sogar gewandelt - von "die Studierenden müssen mehr üben!" zu "ich brauche Instrumente, um studentische Schwierigkeiten zu identifizieren". Geblieben ist ein Interesse an wirksamen elektronischen Werkzeugen für die Lehre und eine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem  LON-CAPA-Netzwerk. Parallel habe ich eine hoffentlich gesunde Skepsis gegenüber immer wiederkehrenden elektronischen Heilsversprechungen entwickelt.

Die Lehrseite meiner Forschung zu studentischen Fehlkonzepten ist die Förderung von Konzeptverständnis in der Lehre und die Erforschung der Wirksamkeit entsprechender Lehrinnovationen. Hier interessieren mich besonders forschungsbasierte Lehrinterventionen wie Just in Time Teaching, Peer Instruction und SCALE-UP. Letzteres hat mich von der Bedeutung des Raumes als dritten Pädagogen überzeugt und hat dazu geführt, dass meine Arbeitsgruppe sich in den letzten Jahren viel mit Raumgestaltung und deren Wirksamkeit für studentisches Lernen beschäftigt hat.

Aktuell arbeite ich an der Trennung von Bewertung und Beschreibung des Lernzielerreichungsgrads in Prüfungen. Begrifflich ist das ziemlich sperrig. Ich suche weiterhin nach einer eingängigeren Bezeichnung für "Beschreibung des Lernzielerreichungsgrads". Der Punkt ist: Wenn wir an Hochschulen wirklich lernzielorientiert lehren und prüfen wollen, kann das Ergebnis einer Prüfung nicht alleine in einer Bewertung bestehen (mathematisch formuliert: in der Abbildung von Studierenden auf Noten). Eine Note sagt nichts darüber aus, welche Lernziele geprüft und zu welchem Grad sie erreicht wurden.