Ob das angedrohte Verbot von chinesischen Smartphone-Apps in den USA, das Sicherheitsgesetz für die Sonderverwaltungszone Hongkong, Beschränkungen im Rahmen der Investitionskontrolle, den Ausschluss der Lieferung von Ausrüstung für schnelle Mobilfunknetze oder Schutzmaßnahmen gegen die Einfuhr von Stahl und Aluminium: in allen Fällen geht es um die Wahrung von Belangen der nationalen Sicherheit. Beschränkungen der Außenwirtschaftsfreiheit müssen sich jedoch am Maßstab des WTO-Rechts messen lassen, soweit sie WTO-Mitglieder betreffen. Allerdings enthalten alle drei materiell-rechtlichen Säulen des WTO-Rechts (GATT, GATS und TRIPs) Ausnahmen zur Wahrung der Sicherheitsinteressen, die ansonsten WTO-widrige Maßnahmen in konkreten Situationen rechtfertigen können. Die prominenteste Regelung ist Art. XXI GATT, der Schutzmaßnahmen in internationalen Krisensituationen ermöglicht. Die WTO-Mitglieder haben sich lange Zeit Mühe gegeben, sich bei Handelsstreitigkeiten nicht auf diese Norm zu berufen, um die WTO-Schiedsgerichtsbarkeit nicht mit außenpolitischen Konflikten zu belasten. Im Streitfall zwischen der Ukraine und Russland über Transitbeschränkungen berief sich Russland explizit auf Art. XXI GATT und lieferte damit den Anlass für die erste verbindliche Panel-Entscheidung zur Sicherheitsausnahme. Die nun von Prof. Rogmann analysierte Entscheidung des Panels hat weitreichende Bedeutung, da die USA sich im gegenwärtigen transatlantischen Handelsstreit über Zusatzzölle für Stahl und Aluminium ebenfalls auf Art. XXI GATT berufen und auch die aus Gründen nationaler Sicherheit angedrohten Zölle auf deutsche Fahrzeuge noch nicht vom Tisch des US-Präsidenten sind.
Der Beitrag ist im Heft 9/2020 der Zeitschrift „Außenwirtschaftliche Praxis“ (AW-Prax) im Bundesanzeiger Verlag (Reguvis) erschienen.