Die im Vergleich mit anderen europäischen Ländern moderate Streikbereitschaft und das überschaubare Ausmaß der tatsächlich durchgeführten Streiks haben lange Zeit keinen Anlass für ein gesetzgeberisches Tätigwerden gegeben. Erst mit dem Aufkommen der Spartengewerkschaften und der Aufspaltung der Arbeitnehmerinteressen in einzelne Berufsgruppen und der damit einhergehenden Multiplizierung der Streiktätigkeit bei den Arbeitgebern in den letzten zehn Jahren wurde die bisherige Regelungslosigkeit als unbefriedigend wahrgenommen. Dies sorgte nicht nur für Unbehagen in der Bevölkerung, sondern auch in der Politik. Gleichzeitig war jedoch der Respekt spürbar, dort einzugreifen, wo man bislang das freie Spiel der Kräfte zugelassen und starke Interessenvertreter hatte, die mit Argusaugen jede Einmischung des Staates in ihre grundgesetzlich garantierte Autonomie betrachten und auch zu verteidigen wissen.
Als elegante Ausweichbewegung in diesem Dilemma schien das Tarifeinheitsgesetz (TEG), welches eine Beschränkung bewirken sollte, ohne dass dem Wortlaut die Absicht zu offensichtlich zu entnehmen war. Mit dem Urteil des BVerfG wurde dieser Ausweg jedoch zugeschlagen und es stellt sich wiederum die Frage, wie und ob das Streikrecht in Deutschland reglementiert werden sollte. Dies kann insbesondere durch eine gewerkschaftliche Verhandlungspluralität und der damit einhergehenden zeitlichen Komprimierung von Arbeitskampfmaßnahmen erfolgen. Nimmt man die Koalitionsfreiheit dahingehend ernst, dass das Kollektiv der Arbeitnehmer als Verhandlungspartner der Arbeitgeber berechtigt ist, Tarifverhandlungen zu führen, erscheint es folgerichtig, dass nur alle Gewerkschaften zusammen dem Sinn nach ein einheitliches Vertragswerk schaffen können (in: öAT 2018, S. 155 - 158).