Auch im Wintersemester 2016/17 war es Studierenden der Vorlesung „Regenerative Elektrische Energieversorgung“ der Energie- und Gebäudetechnik dank der Kontakte von Prof. Dr. Boggasch möglich, Einblicke in die praktische Umsetzung der Energiewende im näheren geographischen Umfeld zu erhalten. Als Beispiel hierfür diente die Gemeinde Dardesheim in Sachsen-Anhalt, welche sich durch das große (auch internationale) Interesse an ihrem Projekt mittlerweile mit Informationsveranstaltungen professionalisiert hat und diese allen interessierten Gruppen anbietet. Herr Dipl.-Ing. Ralf Voigt, Bürgermeister und Projektmanager des Energieparks und Herr Dipl.-Ing. Ulrich Narup begrüßten uns im Rathaus der Stadt und präsentierten die Entwicklung und die Philosophie der erneuerbaren Energieversorgung in ihrer Gemeinde.
Mit dem ersten Bau einer privaten Windkraftanlage im Jahr 1991 wurde eine ganze Gemeinde motiviert, die Energiewende nicht nur passiv als notwendig zu erachten, sondern diese auch aktiv mitzugestalten.
Heute sind als Herzstück des Projekts bereits 32 Windenergieanlagen (WEA) in Betrieb und im Verlauf des Jahres kamen drei weitere Anlagen hinzu. Dazu zählt eine ENERCON E 115 mit 3 Megawatt Leistung auf einem 135 m hohen Mast. Sie ist mit 192 Meter Rotorspitze nun „die Größte“ im Windpark Druiberg und damit gut 10 Meter höher als die mit 6 Megawatt direkt nebenan stehende leistungsstärkste Anlage E 112 des Windparks. Der Gesamtjahresertrag beträgt nun etwa 120 bis 130 Mio. kWh, das 40-fache des gesamten jährlichen Strombedarfs der Stadt Dardesheim bei einer derzeit installierten Leistung von 76,6 MW. Bei der letzten Exkursion der Ostfalia im Jahr 2014 waren es noch 66 MW installierte Leistung.
Neben den Windenergieanlagen decken Photovoltaik-Anlagen an sonnigen Tagen mit einer Gesamtleistung von 1 MW den gesamten Strombedarf der Stadt Dardesheim. Damit diese regenerative Energie auch an Ort und Stelle genutzt wird, ist es den Bürgern möglich Elektrofahrzeuge zu Probefahrten zu leihen.
Das Konzept, die Erstellung und den Betrieb der Windenergieanlagen regional zu betreiben, brachte für die Gemeinde Dardesheim enorm viele Vorteile, wie z.B. regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze, die über eine regenerative Energieversorgung des gesamten Landkreises Harz hinausgehen.
Erstaunlicherweise sind die größten Widerstände heute nicht mehr die Bürger der Gemeinden in denen regenerative Anlagen installiert werden, sondern die Behörden, Gesetzgeber und die Netzbetreiber. Enorm lange Bewilligungsverfahren (10 Jahre) und eine Änderung des EEG, die es erschwert, Neuanlagen zu errichten sowie Bestandsanlagen zu verbessern, werden in Zukunft den Zubau von WEA reduzieren. Herr Voigt sprach sogar davon, dass es mit den neuen Reformen praktisch unmöglich für kleine Kommunen werden würde, eigenständig und im Interesse der Bürger die Energiewende zu gestalten.
Sämtliche Nachteile, wie Landschaftsbild, Schallimmissionen, Verbrauch LW-Nutzfläche und verschlechterte Bewirtschaftung ergeben sich im regionalen Umfeld. Werden die betreffenden Bürger mit einbezogen lassen sich sämtliche oben genannte Probleme lösen und führen, wie sich in der Gemeinde Dardesheim zeigt, zu einer überwiegenden Befürwortung von WEA bzw. der regenerativen Energieerzeugung in einer Region.
Es war hoch interessant zu erfahren, wie die Energiewende in dieser Stadt umgesetzt wurde, ohne dass Probleme auftreten, wie sie sonst in den Medien kursieren.
Nach dem Vortrag im Rathaus fuhren wir in einer Fahrzeugkolonne zu dem Windpark am Druiberg. Direkt vor oder sogar im Inneren einer solchen Anlage wurden uns die Dimensionen erst richtig deutlich. Dadurch, dass es an diesem Tag sehr windig und kühl war und sich dieses Wetter eher für die Windkraftanlagen als für den durchschnittlichen Studenten eignet, waren wir froh, dass die Informationsveranstaltung in der Windkraftanlage fortgeführt wurde. Es durften Fotos geschossen und viele Fragen gestellt werden, die ausführlich beantwortet werden konnten. Gesättigt mit Informationen, interessanten Eindrücken und um eine tolle Erfahrung reicher, machten wir uns wieder zurück auf den Heimweg.
Alles in allem war diese Exkursion eine erfrischende Abwechslung zum Studienalltag. Es wurden Probleme bei der Umsetzung der Energiewende deutlich, aber vor allem den Optimismus, dass es doch möglich ist, eine ganze Gemeinde für solche zukunftsweisenden Projekten zu gewinnen, nahmen wir mit nach Hause.
Text: Studierende Jörn Vogel, Conny Henschel, André Döhr
Fotos: Prof. E.Boggasch
Links:
http://www.energiepark-druiberg.de