INTERVIEW
... mit Erik Bänder
Erik, du hast die technische Entwicklung der virtuellen Ausstellung zum Jubiläum der Ostfalia Hochschule übernommen, stell dich doch bitte mal kurz vor.
Gerne! Ich bin 23 Jahre alt und wohne in Wolfenbüttel. Ich studiere hier seit 2019 Informatik mit Vertiefung in Software Engineering an der Ostfalia Hochschule. Wenn ich gerade nicht am Computer sitze, fahre ich gern Skateboard, schraube an alten Autos oder spiele Schlagzeug.
Wie bist du zur Wahl deines Studiengangs gekommen? Und was interessiert dich besonders an der 3-D Modellage?
Ich programmiere aus Leidenschaft gerne und bin sehr an der Entwicklung von Videospielen interessiert. Ich hatte ursprünglich vor, Game Design in Köln oder Berlin zu studieren, habe mich aber dann doch für Informatik entschieden, um mit einem breiteren Wissen bessere Einstellungschancen zu haben. Die Ostfalia war genau richtig für mich, da ich praxisnah studieren wollte und der Campus nur 10 Minuten von meiner Haustür entfernt ist.
3D-Modellierung hat mich schon immer im Rahmen der Spielentwicklung interessiert. Programmierung und Modellierung sind beides notwendige Fähigkeiten, wenn man selbstständig Spiele oder andere 3D-Anwendung entwickeln möchte, und bieten einem zusammen die Freiheit, eigene Ideen selbst zu verwirklichen. Der Prozess der Modellierung macht einfach Spaß und ist eine gute Abwechslung zur Programmierarbeit, die über längere Zeit etwas anstrengend werden kann.
Du wurdest aufgrund des Teamprojektes "Herzog VR August" für die Umsetzung der Ausstellung angesprochen. Erzähl doch mal von diesem Projekt.
Ich habe zusammen mit meinem Team letztes Semester an dem Projekt "Coding da Vinci" teilgenommen, einem Hackathon bei dem Projekte auf Basis von offenen Kulturdaten entwickelt werden. Wir haben uns für die Datensätze der Herzog August Bibliothek (HAB) in Wolfenbüttel entschieden und daraus ein interaktives Modell der Augusteerhalle in Virtual Reality entwickelt. Die Grundidee war, die sechs Bände des Bücherradkatalogs samt Bücherrad virtuell zugänglich zu machen. Uns war dabei besonders wichtig, dass man mit den Büchern so natürlich wie möglich interagieren kann. Wir haben dafür Controller mit Finger-Tracking genutzt. Dadurch kann man die Bücher und Seiten fast wie in Wirklichkeit greifen, anstatt Knöpfe zu drücken. Später haben wir noch einige andere Handschriften in interaktive Modelle verwandelt, die den Rest der Augusterhalle ausfüllen. Die Halle selbst haben wir dem Original so nah wie möglich nachempfunden und haben echte Maße aus den Grundrissen und selbst aufgenommene Bilder in der Rekonstruktion verwendet. Wir haben uns sehr gefreut, dass das Projekt beim Hackathon und der HAB gut angekommen ist, und haben sogar den Publikumspreis dafür gewonnen. Bei Interesse kann man sich das Projekt hier anschauen.
Welche Inhalte aus deinem Studium haben dir bei der Umsetzung der Ausstellung besonders geholfen?
Das Studium hat mich in vielen Bereichen auf dieses Projekt vorbereitet und die Entwicklung deutlich erleichtert. Eine Kernkompetenz des Informatikstudiums ist der Umgang mit objektorientierten Programmiersprachen, was ausschlaggebend für die Entwicklung solcher Anwendungen ist. Wir haben die ersten drei Semester diese Sprachen sehr intensiv behandelt, was mir erlaubt hat, die Ausstellung in relativ kurzer Zeit zu entwickeln. Die Mathekurse haben ebenfalls eine bedeutende Rolle gespielt. Im zweiten Semester haben wir dreidimensionale Vektorräume und Transformationsmatrizen behandelt, mit denen man in der Entwicklung von 3D-Anwendungen ständig hantieren muss. Beispielsweise wäre es mir sehr schwer gefallen, die Kollisionsprüfung des Spielers mit der Umgebung ohne diese Vorkenntnisse zu implementieren.
Was stellte für dich die größte Herausforderung bei der Umsetzung der Ausstellung dar?
Die größte Herausforderung war die Zielplattform der Ausstellung. Es gelten ganz anderen Regeln und viel engere Beschränkungen bei einer Entwicklung für Browser als bei Desktop- oder Smartphone Anwendungen. Ich musste sehr stark für Leistung optimieren, damit die Ausstellung auch auf älteren und langsameren Endgeräten nutzbar ist. Größere Räume mit vielen Details, wie das Kino haben viel Zeit in Anspruch genommen, da ich einige Modelle, wie die Sitze, nicht nur einmal, sondern mehrfach als weniger detaillierte Varianten mit zunehmender Entfernung vom Spieler entwerfen musste.
Das hat allerdings eine andere Form der Optimierung schwieriger gemacht, die aber genauso wichtig ist. Je mehr unterschiedliche Modelle und Texturen man verwendet, desto mehr Speicher wird dafür beansprucht. Das ist nicht nur problematisch für alte Geräte mit stark begrenztem Grafikspeicher, sondern vergrößert auch die Anwendung und verlängert somit die Ladezeit. Besonders bei Nutzer:innen mit langsamem Internet ist das sehr problematisch. Ladegeschwindigkeit war auch eine Herausforderung bei der technischen Umsetzung des Kinos, in dem die höhere Datenrate von 360°-Videos möglichst gut kompensiert werden musste, um möglichst viele Nutzer:innen zu unterstützen.
Blick in den Kinoraum der Ausstellung
Dazu kam auch noch die zusätzliche Schwierigkeit, für mehrere Browser gleichzeitig zu entwickeln. Eigentlich sollte sich die Anwendung in Chrome, Firefox, und Safari gleich verhalten, aber in der Realität sieht das ganz anders aus. Es kam häufig vor, dass ein Problem nur in einem der Browser aufgetreten ist, aber die Behebung zu Problemen in mindestens einem der anderen beiden geführt hat. Der Prozess hat viel Zeit beansprucht, aber hat mir einen sehr wertvollen Einblick in die Web-Entwicklung gegeben.