Effizienz der Wissensvermittlungsstrategien von Kinder-Bildungsfernsehen im öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehen
Zielsetzungen des Projektes - Erkenntnisgewinn
Fragen ökonomischer Effizienz werden im Massenmedienbereich spätestens seit dem "Ende der Zielgruppe" (vgl. Rau 2011) immer wichtiger. Dabei bestimmt sich Effizienz nicht in jedem Bereich massenmedialer Produktion nach rein monetären Gesichtspunkten. Ein Beispiel sind Bildungssendungen im Fernsehen ("Wissen macht Ah", "Wow – die Entdeckerzone" usw.) Hier wird Effizienz ungleich stärker an Medienwirkungsfragen gemessen, als dies etwa bei journalistischen oder Unterhaltungsprodukten der Fall ist. Die entscheidende Medienwirkung kann man als "Wissensvermittlung" bezeichnen. Es handelt sich bei entsprechender Wahl eines medienpädagogischen Vokabulars um eine vergleichsweise einfach zu messende Medienwirkung. Umso erstaunlicher ist, dass entsprechende Untersuchungen, die die Effizienz von Wissensvermittlungen als ökonomische Größe betrachten, bisher nicht vorliegen. Das ist insbesondere deshalb erstaunlich, weil medienübergreifend Wissensformate in den vergangenen Jahren an ökonomischer Bedeutung gewonnen haben – ein Blick in den Zeitungskiosk macht das offensichtlich. Hier möchte dieses Projekt eine für das Medienmanagement bedeutsame Lücke schließen.
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, herauszufinden, wie wirkungsvoll Bildungssendungen für Kinder in dieser Hinsicht sind. Es wird also gefragt, inwiefern diese Sendungen hier Wirkungen entfalten, ob diese Wirkungen eher kurz- oder langfristig sind, und welche Strategien sich als besonders effizient erweisen. Um die Effizienz zu analysieren, müssen die Anbieterstrukturen solcher Sendungen beachtet werden. Private TV-Anbieter müssen mit diesen Programmen wortwörtlich Geld verdienen – ist das eher förderlich oder hinderlich für das Ziel der Wissensvermittlung? Aus den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich idealerweise Handlungsempfehlungen zur effizienten Produktion solcher Sendungen ableiten. Die durchzuführenden Forschungs-Schritte umfassen dabei neben einer Aufarbeitung des medienpädagogischen Forschungsstands unter Beachtung ökonomischer Faktoren die Durchführung eines empirischen Forschungsteils: Wissensvermittlung soll bei Kindern anhand konkreter Einzelsendungen vergleichend gemessen werden (durch Befragung, Beobachtung & Experiment); hierbei gilt es, zur Untersuchung mittel- und längerfristiger Wissenseffekte teilweise längsschnittartig zu forschen. Die aus dem Experiment gewonnenen Erkenntnisse sollen als Hypothesen für Befragungen von Experten der Medienpädagogik, aber auch der Produzentenseite, dienen.
Stand des Wissens
Grundsätzlich handelt es sich bei quantifizierbaren Effekten, die auch bei der Wissensvermittlung vorliegen, um Güter, die sich ökonomisch betrachten lassen. Hintergrund dafür sind meine Arbeiten zur Ökonomie der Publizistik.
Bildung als in erster Linie reflexiver kognitiver Vorgang ("sich bilden") setzt eine Bereitschaft voraus – hier muss überprüft werden, inwiefern sich Anbieter von Bildungssendungen für Kinder als Dienstleister verstehen, die diese Bereitschaft erzeugen wollen, oder als solche, die lediglich vorhandene Bereitschaft aufgreifen. Dazu kommt die Vielfalt des Bildungsbegriffs, wie sie bspw. Roumois in die Begriffe "know-that", "know-about", "know-how", "know-why" fasst. Damit ist der Bildungsbegriff als Basis für dieses Forschungsvorhaben beschrieben. Zur Analyse der Effizienz von Bildungssendungen kann auf die Nachrichtenfaktorenanalyse aus dem Journalismus zurückgegriffen werden, die bereits im Forschungsprojekt "Nachrichtenwerte in der Unternehmenskommunikation" untersucht wurde. Zwangsläufig ergeben sich hier Unterschiede aufgrund des unterschiedlichen Augenmerks, andererseits finden sich Ähnlichkeiten bezüglich der Reflexivität des Vorgangs.
Zahlreiche Studien (überblicksartig: Gleich/Schmitt 2009) belegen, dass Kinder audiovisuelle Informationen besser aufnehmen können als beispielsweise schriftliche – hier liegt das ökonomische Potential also im TV-Bereich. Dazu kommen Aspekte wie die verwendete Sprache (z.B. Fremdwörter, aber auch Sprechgeschwindigkeit, vgl. Krüger 2009; Gleich/Schmitt 2009) und die Einbettung in Geschichten (Gleich/Schmitt 2009), die Parallelen zu unserem Forschungsprojekt "Investor Relations 2.0" aufweisen. Entscheidend ist zudem, dass Wissensvermittlung mit dem Entwicklungsstand des Kindes korreliert (Sturm 1990).
In einem allgemeineren Sinn verweist die aktuelle KIM-Studie (2010) darauf, dass Fernsehen noch immer die häufigste aller freiwilligen Freizeitaktivitäten bei Kindern darstellt.