Das komplette Interview ist unten stehend veröffentlicht. Das Original in der Zeitung (06.08.22) finden Sie hier.
„Wir wurden sehr gut vorbereitet“
Drei junge Ingenieure aus Wolfenbüttel sprechen über ihren Weg von der Fachhochschule bis zur
Promotionsmöglichkeit.
Henrik Waßmuth, Marcel Lüdecke und Jannik-Silas Schäfer: Alle drei studierten an der Ostfalia „ Energie- und Gebäudetechnik im Praxisverbund (EGTiP)“, ein duales Studium mit gleichzeitiger Berufsausbildung. Alle drei wechselten nach ihrem Bachelorabschluss an technische Universitäten für ein Masterstudium, alle drei sind nun wissenschaftliche Mitarbeiter an technischen Universitäten [1] und haben Gelegenheit zur Promotion. Im Gespräch mit Prof. Dr. Jürgen Kuck antworten sie auf Fragen rund um Studium und Beruf.
Kuck: Was war Ihr Motiv, Energieingenieur zu werden?
Schäfer: Ich finde es spannend, energietechnische Prozesse zu verstehen und diese zu optimieren. So kann ich einen Beitrag für eine effizientere und nachhaltigere Zukunft leisten.
Lüdecke: Zu Beginn des Studiums 2014 war das Thema Energiewende und Klimawandel nicht so medial vertreten, wie es heute - zum Glück - der Fall ist. Meine Heimat liegt relativ mittig in Niedersachsen, wo sämtliche erneuerbare Energien wie Biogasanlagen, Windkraft- und PV-Anlagen vorhanden sind. Dies führte dazu, dass ich mehr über diese Anlagen und Systeme wissen wollte. Hinzu kam, dass das Thema Wärmelehre mir in der Schulzeit viel Spaß gemacht hat. Sicherlich hat mich auch mein damaliges Betriebspraktikum im Bereich der Kältetechnik beeinflusst.
Kuck: Warum sind Sie ausgerechnet zur Ostfalia gegangen?
Schäfer: Ich hatte den Wunsch ein duales Studium in der Energietechnik zu absolvieren und die Ostfalia hat durch den Studiengang "EGTiP" diese Möglichkeit geboten. Mich hat das System überzeugt, innerhalb von 4 Jahren einen Bachelorabschluss und eine Berufsausbildung abzuschließen. Dabei bin ich erst durch meinen Praxispartner auf die Hochschule aufmerksam geworden.
Waßmuth: Bei Marcel und mir war es ähnlich, wir wollten dual studieren und der Betrieb, mit dem wir das machen wollten, kooperiert mit der Ostfalia. Insofern haben wir die Entscheidung für die Ostfalia gar nicht selbst getroffen.
Kuck: Sind Sie durch das Bachelorstudium an der Ostfalia gut auf das Masterstudium an der TU vorbereitet worden oder gab es Übergangsprobleme?
Lüdecke: In meinem Fall war der Übergang tatsächlich sehr einfach. Wir wurden in den verschiedenen Fächern sehr gut vorbereitet, auch wenn an der Uni die theoretischen Inhalte teilweise etwas tiefer gehen. Der für mich deutlichste Unterschied war der Wissensstand im Bereich Mathematik.
Waßmuth: Selbstverständlich ist ein Wechsel der Hochschule mit der ein oder anderen Hürde verbunden, aber mit dem Bachelorstudium an der Ostfalia hatten diese nichts zu. Beide Hochschulformen haben unterschiedliche Stärken. An der Ostfalia sind insbesondere der vergleichsweise enge Kontakt zu den Professoren wie auch eine Vielzahl spannender Laborversuche hervorzuheben.
Kuck: Auf welche Weise haben Sie Ihre jetzige Arbeitsstelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter gefunden?
Schäfer: Ich habe während meines Masterstudiums als wissenschaftliche Hilfskraft bei einem Projekt mitgearbeitet und der Professor hat mir daraufhin die Stelle für ein Nachfolgeprojekt angeboten.
Lüdecke: Im Studium mussten wir eine Studienarbeit anfertigen. Nach der Studienarbeit kam einer der wissenschaftlichen Mitarbeiter auf mich zu und hat vorsichtig nachgefragt, ob so eine Stelle für mich interessant wäre. Tatsächlich hatte ich vor dieser Frage nie darüber nachgedacht, diese Richtung einzuschlagen. Nach mehreren Gesprächen und einem Angebot, in einem interessanten Forschungsprojekt mitarbeiten zu können, habe ich nach der Masterarbeit dann aber die Chance ergriffen und bin damit auch sehr zufrieden.
Kuck: Haben Sie auch darüber nachgedacht, ohne Promotion in die freie Wirtschaft zu gehen?
Lüdecke: Ja definitiv. Während der Masterarbeit habe ich mehrere Bewerbungsgespräche in unterschiedlichen Bereichen absolviert. Letztlich wirkte für mich die Arbeit an der TU aber interessanter.
Schäfer: Ja, diese Option gab es immer. Die Zielstellung des dualen Studiums liegt ja gerade darin, fähige Ingenieure für die Wirtschaft auszubilden. Dieses Ziel wird meiner Meinung nach durch das duale Studium an der Ostfalia vollstens erfüllt.
Kuck: Wie schätzen Sie denn den Arbeitsmarkt für Energieingenieure ein?
Waßmuth: Der Arbeitsmarkt für Energieingenieure ist einfach sehr gut. Die Bundesregierung plant, den Einsatz fossiler Energieträger immer mehr zu vermeiden. Dadurch kommen auf Energieingenieure spannende Zeiten zu. Es gibt viele aussichtsreiche und zukunftssichere Stellen zu besetzen, bei denen man zu diesen Plänen aktiv seinen Teil beitragen kann.
Lüdecke: Meine Bewerbungsphase zum Ende des Studiums startete zusammen mit Corona. Zu diesem Zeitpunkt hatten viele Unternehmen einen Einstellungsstopp verhängt. Dennoch hatte ich mehrere Möglichkeiten, weshalb ich die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für mehr als gut bewerten würde.
Kuck: Können Sie den Weg, den Sie gegangen sind, anderen empfehlen, oder würden Sie es heute anders machen?
Lüdecke: Mit meinem heutigen Wissen würde ich fachlich zwar eine ähnliche aber dennoch andere Fachrichtung einschlagen. Allerdings bereue ich meinen Weg keineswegs und kann ihn definitiv auch weiterempfehlen. Gerade das duale Studium bietet aus meiner Sicht enorme Vorteile, sowohl für die Studierenden, als auch für die Betriebe zur Fachkräftegewinnung. Ich glaube für mich war der Start auf der Fachhochschule auch angenehmer als für viele meiner Freunde, die nach unserem Abitur an Universitäten gegangen sind.
Waßmuth: Mein Bachelor- und Masterstudium kann ich uneingeschränkt weiterempfehlen, aber natürlich würde ich mit meinem heutigen Wissensstand vieles anders machen, zum Beispiel würde ich im Studium gewisse thematische Schwerpunkte früher setzen. Nur ein duales Studium würde ich nicht uneingeschränkt jedem weiterempfehlen. Ich bereue es nicht, aber durch die fehlenden Semesterferien gibt man auch viel auf. Das sollte einem bewusst sein.
Kuck: Welche Tipps haben Sie für Studienanfänger?
Schäfer: Was mir geholfen hat, war definitiv meine Lerngruppe, die sich bereits in den ersten beiden Semestern entwickelt hat. Dabei stand zunächst der studienbezogene Austausch im Vordergrund, wobei sich im Laufe der Zeit gute Freundschaften entwickelt haben. Wichtig: Die Studienzeit bietet mehr als nur Vorlesungen hören, lernen und Klausuren vorbereiten. Diese Zeit sollte auch dafür genutzt werden, über den eigenen Fachbereich hinauszuschauen und kritisches Denken zu entwickeln.
Waßmuth: Jedes Studium hat seine Höhen und Tiefen. Die Höhen sollte man genießen und durch die Tiefen sollte man sich von einer guten Lerngruppe ziehen lassen.
Lüdecke: Ich denke, ich habe vieles im Studium vielleicht auch zu ernst genommen und möchte daher empfehlen, die Zeit im Studium zu genießen und sich auszuprobieren. Ich bereue es im Nachhinein, kein Auslandssemester gemacht zu haben. Daher der Tipp: Wenn ihr könnt und Lust dazu habt, informiert euch und macht es!
[1] Henrik Waßmuth, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Thermodynamik der TU Braunschweig; Marcel Lüdecke, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Hochspannungstechnik und Energiesysteme der TU Braunschweig; Jannik-Silas Schäfer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Thermische Verfahrenstechnik, Umwelt- und Naturstoffverfahrenstechnik (ITUN) an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg (TUBAF)
Text: J.Kuck
Grafik: F.Köhler