Peukert (Pe): Herzlich willkommen an der Fakultät Versorgungstechnik, Herr Prof. Büchsenschuß! Wir haben vier Fragen vorbereitet, die wir gerne an Sie richten möchten. Zunächst würden wir gerne wissen, welche Tätigkeit Sie zuvor ausgeübt haben?
Büchsenschuß (Bü):
Ich habe elf Jahre lang im Amt für Planen und Bauen der Stadt Helmstedt gearbeitet. Zunächst war ich für die Bauleitplanung zuständig, dann habe ich mit den Förderprogrammen der Dorfentwicklung und der LEADER-Region die Sanierung und Entwicklung des ländlichen Raumes übernommen. Mit meiner Funktion als Demografiebeauftragter war ich zusätzlich in die strategischen Entscheidungen der Stadtentwicklung eingebunden. Da es sich um eine relativ kleine Verwaltung handelt, habe ich auch im Bereich der Stadtsanierung und bei den beiden interkommunalen Planungsverbänden mitgewirkt und zudem das hauseigene GIS administriert.
Im letzten Jahr meiner Tätigkeit bei der Stadt Helmstedt war ich Abteilungsleiter des Bauordnungsamtes und habe zugleich die Funktion der Unteren Denkmalschutzbehörde ausgeübt.
Pe: Warum wollten Sie Professor an unserer Fakultät werden und was möchten Sie hier erreichen?
Büchsenschuß (Bü):
Ich habe ursprünglich Architektur an der TU Berlin studiert und im Fach Architekturtheorie promoviert. Bereits während der Arbeit an meiner Dissertation stand für mich der Wunsch fest, an einer Hochschule zu lehren und zu forschen. Es sind die Tätigkeiten, die mich motivieren, inspirieren und die ich als erfüllend bezeichnen würde.
Ich habe nebenberuflich viele Jahre als Lehrbeauftragter an der Hochschule Anhalt in den Architekturstudiengängen und im Master Facility- und Immobilienmanagement gearbeitet. Dabei ist mir bewusst geworden, dass Lehre immer einen ganzheitlichen Aspekt verfolgen sollte. Ich habe in der Regel meine Kenntnisse aus der Architekturphilosophie und der Stadtbaugeschichte mit meinen berufspraktischen Themen und Aufgabenbereichen aus der Stadtentwicklung, der Stadtsanierung und der Stadtplanung verbunden.
Stadt ist ein komplexes System aus sich überlagernden Strukturen. Wer in dieses komplexe System planerisch eingreift – wie es eben nicht nur Architekt/innen, sondern auch zum Beispiel SmartCity-Ingenieur/innen tun – braucht umfassendes Wissen aus Geschichte, Theorie, Planung und technologischer Entwicklung, damit am Ende die richtigen Entscheidungen getroffen werden können und unsere Städte den Aufgaben und Anforderungen der Zukunft gewachsen sind. Eine anspruchsvolle und wichtige Aufgabe. Entscheidungskompetenz ist hier die zentrale Fähigkeit aller urbanen Akteure.
Diese Entscheidungskompetenz möchte ich den Studierenden im Rahmen einer vielseitigen Stadtplanungslehre vermitteln. Die Tatsache, dass sich eine eher struktur-technologische Fakultät den urbanen Problemlagen zuwendet, empfinde ich als genau den richtigen Weg, um ganzheitliche Lösungen für diese Problemlagen entwickeln zu können. Wenn Kreativität, Planung und Technologie zusammentreffen, möchte ich unbedingt dabei sein.
Pe: Wie bereiten Sie sich auf Ihre Vorlesungen vor und welche Fächer belegen Sie in diesem Semester?
Büchsenschuß (Bü):
In meinen Vorlesungen versuche ich stets über theoretische wie praktische Anteile, den Weg zur Entscheidungskompetenz aufzuzeigen. Das bedeutet auf folgende Fragen Antworten zu bieten:
Was sind die themenrelevanten Fakten und Methoden?
Was sind diesbezüglich die urbanen Problemlagen?
Welche Relationen ergeben sich aus dem Abwägungsprozess verschiedener Methoden zu einer Problemlage? Wie kann ich diese Relationen bewerten, um zu einer belastbaren Entscheidung zu gelangen?
Meine zentralen Lehraufgaben liegen im Bereich der Stadtplanung im SmartCityEngineering-Studiengang. In diesem Semester habe ich mit Gebäudeplanung und Stadtklima/Stadtökologie begonnen.
Pe: Verraten Sie uns, was Sie gerne in Ihrer Freizeit machen oder wo und wie Sie auf neue Ideen kommen?
Büchsenschuß (Bü):
Ich habe das Schreiben von wissenschaftlichen Texten und Büchern immer als ein angenehmes Hobby empfunden – sonst hätte ich mich wohl nicht für eine Dissertation über Goethe und die Architekturtheorie (des 18. Jahrhunderts) entschieden. Diese Leidenschaft für das Schreiben hat dann irgendwann die „Barriere“ des Sachbuches überwunden und inzwischen habe ich auch drei Romane geschrieben. Zudem liebe ich Bücher – um sie zu lesen, ja, aber auch einfach weil es Bücher sind. Besonders alte Bücher haben es mir angetan. Ich mag die Liebe zum Detail, die vielfältigen Schriftsetzungen und Illustrationen. Und die Patina, die sich über die Jahrhunderte auf den Seiten abgelagert hat – durch handschriftliche Bemerkungen, Unterstreichungen, ja sogar die amorphen Kanäle und Tunnel der Bücherwürmer.
Als Ausgleich für die geistigen Tätigkeiten und Beschäftigungen treibe ich Ausdauersport. Ich mag es, allein stundenlang durch den Wald zu laufen oder mit dem Rennrad durch die Landschaft zu fahren. Die Region zwischen Helmstedt (meinem Wohnort) und Wolfenbüttel bietet hier ja vielfältige Topologien und Möglichkeiten. Dabei kommen mir dann oft die Ideen für neue Projekte und Bücher.
Pe: Vielen Dank für das Interview und einen guten Start ins erste Semester!
Text: J. Büchsenschuß, K. Peukert
Foto: F. Köhler