Briefe gegen die Einsamkeit
Studierende der Ostfalia zeigen Solidarität
Durch Covid-19 ist nichts mehr in unserem Tagesablauf wie es war. Insbesondere gemeinschaftliche Wohneinrichtungen wie Wohn- und Pflegeheime sind von den deutlichen Einschränkungen durch Ausgeh- und Besuchsverbote schwer betroffen. Viele der dort lebenden Menschen leben dadurch sehr isoliert! Doch was tun?
Professorin Dr. Sandra Verena Müller von der Fakultät Soziale Arbeit der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften diskutierte mit ihren Studierenden die Frage, ob man vulnerable (verletzbare) Personengruppen zu deren Schutz isolieren und damit in die „gemeinschaftliche Einsamkeit schicken sollte?“. Dabei entwickelte sich eine Idee, selbst aktiv werden zu können. Kurz vor Ostern riefen sie die Aktion „Briefe gegen die Einsamkeit“ ins Leben.
Kooperationspartner/-innen waren schnell gefunden: Es sind Einrichtungen der Eingliederungshilfe Niedersachsen. So auch die Evangelische Stiftung Neuerkerode mit den Wohnbereichsleitungen Matthias Liborius und Karin Engel, sowie Sabine Resch-Hoppstock, Heimleiterin des Seniorenwohn- und Pflegeheims Schloss Schliestedt in Schöppenstedt-Schliestedt. Gemeinsam brachten sie in Erfahrung, wer von den Betroffenen sich über einen Brief als Zeichen der Solidarität freuen würde und erstellten eine Liste.
„Viele meiner Studierenden waren hoch motiviert bei dem Gedanken, selbst etwas tun zu können. Sie konnten es kaum erwarten und freuten sich, als die ersten Empfängerinnen und Empfänger namentlich genannt wurden“, berichtet die Wissenschaftlerin und Buchautorin Prof. Dr. Sandra Verena Müller. So auch die angehende Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin Carolin van Heese aus dem 4. Semester im Masterstudiengang Präventive Soziale Arbeit. Sie berichtet: „Einen Brief an jemanden zu schreiben, den man noch nie in seinem Leben getroffen hat und von dem man nichts weiß, außer den Namen und die Anschrift, ist eine große Herausforderung. Wie spricht man die Person an, soll man sie Duzen oder Siezen und was erzählt man in seinem ersten Brief? Was interessiert eine Person, die wesentlich älter ist als man selbst? Doch der Gedanke daran, den anderen glücklich zu machen und ihm mit fröhlichen Briefen und lieben Worten ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, macht diese Herausforderung zu etwas besonders Positivem.“
So ähnlich dachte auch ihre Kommilitonin Merle Leopold, sie berichtet: „Mein erster Brief war etwas länger. Da habe ich mich zunächst vorgestellt und der Dame ein bisschen aus meinem Leben geschrieben. Was ich so mache, wie sich meine Familie zusammensetzt und dass ich ihr nun regelmäßig schreiben würde, solange wir uns in dieser Pandemie befinden. Außerdem habe ich ihr geschrieben, dass ich Sie, sobald es geht, auch gerne einmal persönlich besuchen möchte, damit sie ein Bild von der Person die ihr wöchentlich geschrieben hat, bekommt. Auf den folgenden Postkarten habe ich belanglose nette Dinge über Ostern, das Wetter und über die derzeit merkwürdige Situation geschrieben. Auch bemale ich die Briefe und Postkarten, sie sollen viel Leichtigkeit, Fröhlichkeit und die Überzeugung ausdrücken, dass wir alle gut durch diese Zeit kommen werden.“ Eine Antwort hat Merle Leopold bisher nicht bekommen, „aber das erwarten wir auch nicht, denn uns Studierenden ist nicht bekannt, inwieweit unsere Briefempfängerinnen und -empfänger gesundheitlich eingeschränkt sind“, sagt sie. Eine andere Studentin hat Antwort erhalten. Darin steht, wie sehr sich die Seniorin gefreut hat, dass ihr mal jemand schreibt. Sie denke jeden Tag an die Studentin und würde sie gerne einmal persönlich kennenlernen.