Großer Schritt für Weiterentwicklung von Audiosystemen
Fakultät Elektrotechnik der Ostfalia Hochschule schließt Modernisierungsarbeiten am reflexionsarmen Raum ab
Um für Forschungsprojekte und Studienarbeiten im Bereich der Audiosignalverarbeitung weiterhin bestens gerüstet zu sein, hat die Fakultät Elektrotechnik ihren reflexionsarmen Raum modernisiert und mit neuen Geräten ausgestattet.
Ein reflexionsarmer Raum, auch schalltoter Raum oder Akustikkabine genannt, stellt die ideale Umgebung für akustische Messungen dar. Um unerwünschte Nebengeräusche aus zukünftigen Messungen auszuschließen und Schallreflexionen zu unterdrücken, wurde der Raum mit umweltfreundlichen Schallabsorbern an Wänden, Decke und Boden ausgestattet. Zum Modernisierungspaket gehört auch ein neu angeschafftes Auralisationssystem, das verschiedenste Raumakustik und Geräusche simulieren kann. Es besteht aus acht Lautsprechern sowie weiteren Hard- und Softwarekomponenten. „Die Lautsprecher selbst sind ebenfalls mit Prozessoren ausgestattet und können speziell auf die Akustik ihrer Umgebung eingestellt werden. Sie sind kreisförmig angeordnet und simulieren so perfekt die Raumakustik verschiedenster Orte, beispielsweise einer Verkehrskreuzung, wo der Verkehr von allen Seiten kommt“, erklärt Lilia Lajmi, verantwortliche Professorin für die Akustikkabine an der Fakultät Elektrotechnik. Im Herzen der Kabine steht ein KEMAR-Kunstkopf mit zwei Ohrsimulatoren als Nachbildung eines durchschnittlichen menschlichen Kopfes mit Oberkörper. Dieser empfängt Tonaufnahmen und wertet diese aus.
Die Akustikkabine trägt durch Studienarbeiten und Forschungsprojekten dazu bei, Audiocodierverfahren weiterzuentwickeln, beispielsweise um die Hörqualität von Hörgeräte-Nutzern oder Cochlea-Implantat-Trägern zu verbessern. Für Träger solcher Implantate stellen Alltagssituationen mit vielen Nebengeräuschen eine Herausforderung dar. Außerdem ist es für sie schwierig zu orten, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt. Je nach Sprachcodierungsstrategie können Informationen durch die Verarbeitung des Signals verändert werden oder verloren gehen. „ Diesen Menschen möchten wir mit unserer Forschung weiterhelfen“, berichtet Lajmi.
Die modernisierte Akustikkabine ist bereits im Einsatz: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Sean-Patrik Cretti nutzt sie für sein Forschungsprojekt im Rahmen seiner Masterarbeit zur Entwicklung und Tests binauraler Sprachkodierungsstrategien. „Die Akustikkabine ermöglicht objektive Hörtests und ersetzt wochenlange Arbeit. Ohne das System müssten hunderte Testpersonen bis zu 7.300 verschiedene Audiodateien hören und beurteilen. Das würde viele Monate in Anspruch nehmen. Jetzt starte ich das System und nach 29 Stunden habe ich mein Ergebnis“, freut sich Cretti.
Die Kosten für das Modernisierungspaket belaufen sich auf rund 200.000 Euro. Davon wurden 70.000 Euro aus dem Nachlass des ehemaligen Absolventen der Fakultät Elektrotechnik Siegfried Bahls finanziert, der sein Erbe der Ostfalia Hochschule hinterlassen hat. Ihm zu Ehren trägt der reflexionsarme Raum den Namen „Siegfried Bahls Akustikkabine“.
Professorin Lilia Lajmi und wissenschaftlicher Mitarbeiter Sean-Patrik Cretti bereiten
Akustikmessungen im neuen reflexionsarmen Raum der Fakultät Elektrotechnik vor.
Text: Sabrina Dora Seal/17.07.20
Foto: Ostfalia