I.D.A hilft beim Helfen: Ostfalia-Forschungsteam entwickelt App für den Einsatz in der Behindertenhilfe

Menschen mit geistiger Behinderung stoßen auf vielschichtige Barrieren, auch im Gesundheitssystem. Ein Forschungsteam der Fakultät Gesundheitswesen an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften hat gemeinsam mit Praxispartner*innen eine App entwickelt, die sowohl in Wohneinrichtungen als auch in der ambulanten und stationären Versorgung dabei unterstützen soll, die gesundheitlichen und pflegerischen Bedarfe von Menschen mit Behinderungen besser einschätzen zu können.

Die webbasierte Anwendung „Information - Dokumentation - Assessment“ – kurz I.D.A – ermöglicht es, für den Versorgungsprozess wichtige Informationen besser zu bündeln. Ziel ist es, dabei zu unterstützen, krankheits- und altersbedingte Veränderungen rechtzeitig zu erkennen, passgenaue Unterstützungsmaßnahmen zu planen und eine angemessene Versorgung in allen Lebensbereichen zu gewährleisten.

„Eine bedarfsangemessene gesundheitliche und pflegerische Versorgung ist für Menschen mit Beeinträchtigungen hoch relevant“, sagt Projektleiterin Prof. Dr. Martina Hasseler. „Ein Einschätzungsinstrument, das interprofessionell, intersektoral und berufsgruppenübergreifend genutzt werden kann, bietet dafür bedeutsame Grundlagen. Dieses Instrument bietet viele Potenziale für viele vulnerable Bevölkerungsgruppen und ist in der Praxis gut anwendbar.“

Entstanden ist die App in dem Forschungsprojekt „EIBeMeB – Einschätzung gesundheitlicher und pflegerischer Bedarfe von Menschen mit geistigen und/oder mehrfachen Beeinträchtigungen“. Das Projekt, das seit 2017 an der Fakultät Gesundheitswesen läuft, wird gefördert über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und aus Mitteln des Landes Niedersachsen – Regionenkategorie Stärker entwickelte Region (SER).

Offiziell vorgestellt wurde die App I.D.A am Dienstag, 13. April, vor 120 Gästen aus Wissenschaft und Praxis bei der digitalen Abschluss-Konferenz des Forschungsprojekts. Petra Wontorra, die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen, eröffnete die Tagung mit ihrem Beitrag „Nichts ohne uns über uns – auch bei Gesundheit und Versorgung“.

„Die konsequente Beteiligung von Zielgruppen aus der Praxis war bei unserem Projekt von vornherein wichtige Leitlinie. Ohne diese enge Zusammenarbeit wäre die Entwicklung der App nicht möglich gewesen“, sagt Projektmitarbeiterin Lina Stölting. Mehrere Wohngruppen für Menschen mit geistiger Behinderung der Lebenshilfe Wolfsburg, der Lebenshilfe Braunschweig, der Neuerkeröder Wohnen und Betreuen sowie des Klinikums Wahrendorff unterstützten das Projektteam aktiv.

Im Jahr 2020 stießen zudem das Haus am Elm für Menschen mit seelischen Behinderungen der AWO Braunschweig sowie das Haus Regenbogen des Diakonischen Werks Oldenburg zu dem Projekt hinzu.

Bewohnerinnen und Bewohner sowie Mitarbeitende der Praxispartner nahmen an Interviews zur Versorgungssituation und an einer Erhebung zu Gesundheits- und Pflegebedarfen teil, testeten vorläufige Versionen, reflektierten die Inhalte und die digitale Ausgestaltung der App.

„Die fachlich und umfassende Auseinandersetzung mit der Ermittlung pflegerischer Bedarfe bei Menschen mit geistigen Behinderungen in dem Projekt IDA hat uns im Klinikum Wahrendorff sehr begeistert. So durften wir einerseits mit unserer wissenschaftlichen Abteilung den Entwicklungsprozess mit begleiten und andererseits die Eignung des Instrumentes direkt in der Praxis erproben. Entstanden ist ein umfassendes Assessment, dass fachliche Standards und den Klienten in den Mittelpunkt stellt. Hierdurch wird ein aktiver Austausch zwischen Betreuten und Betreuern gefördert und –im Einklang mit den aktuellen politischen Entwicklungen des BTHG- ein guter und wichtiger Schritt zur Stärkung der Selbstbestimmung und Gesunderhaltung von Menschen mit Behinderung gegangen“, sagt Psychologin Julia Krieger vom Klinikum Wahrendorff, Tagesklinik für Männer/Forschung und Entwicklung.

„Wir sind begeisterte Anwender von I.D.A., da es sehr einfach auszufüllen ist und die Bewohnerakte kompakt und komplett mit allen relevanten Informationen geführt werden kann. Der lästige Papierkrieg ist somit besiegt und eine schöne Ordnung und Übersicht hergestellt. Wir sind froh, dass wir Teil des Projekts sein dürfen“, berichtet Silke Kolbeck-Lawicka vom Haus Regenbogen des Diakonischen Werks Oldenburg. Hier wird I.D.A in den Kinder- und Jugendbereich übertragen.

Auch das Wohnhaus Haus am Wald der Lebenshilfe Wolfsburg möchte I.D.A über den Projektzeitraum hinaus nutzen. „Ich erwarte eine Arbeitserleichterung durch den Zugriff auf die Daten von jedem Arbeitsplatz aus. Ich wünsche mir zukunftsorientiert Möglichkeiten der Nutzung in Zusammenarbeit mit der Stadt im Rahmen der Gesamtplankonferenzen“, sagt Katrin Koschnick, Teamleitung des Wohnhauses.

„Durch den Einsatz von I.D.A versprechen wir uns eine verbesserte und detailliertere Informationssammlung zu pflegerischen und gesundheitlichen Bedarfen der uns anvertrauten Bewohnerinnen und Bewohnern. Zielstellung ist es, den vorherrschenden Barrieren des Gesundheitswesens für Menschen mit kognitiven als auch körperlichen Behinderungen entgegenzuwirken und die Versorgungs- und Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner zu fördern und zu stärken. Die wichtigsten Informationen zum richtigen Zeitpunkt vor Ort!“, betont Jakob Richter, Wohnbereichsleitung in der Neuerkeröder Wohnen und Betreuen GmbH.

Das Forschungsteam ist auf der Suche nach weiteren Partnern aus der Praxis, die die App I.D.A nach Projektende in ihrem Arbeitsalltag erproben und weiterentwickeln möchten. Nähere Informationen und Kontakt zum Projektteam: www.i-d-a.app

I.D.A. Abschlusskonferenz

 

Lina Stölting von der Fakultät Gesundheitswesen der Ostfalia freut sich über die hohe Akzeptanz der neuen App I.D.A.

 

Kontakt:

Lina Stölting
Sonderpädagogin und wissenschaftliche
Mitarbeiterin im Projekt EIBeMeB

Telefon: 05361-8922-23600
E-Mail: l.stoelting@ostfalia.de

Text: Nadine Zimmer/14.04.2021
Foto: Ostfalia

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